Von Filiale: Meidling

Gerade neu als Taschenbuch erschienen ist der True Crime Psychothriller „Haarmann“ von dem ehemaligen deutschen Journalisten Dirk Kurbjuweit. Er schreibt fesselnd und gefühlvoll über einen Kriminalfall der 1920er. Als Leser verfolgt man einerseits den Fall durch die Augen des aus dem Krieg zurückgekehrten Ermittlers von Seiten der Hinterbliebenen der Opfer, aber auch der Gesellschaft im Allgemeinen. Kurbjuweit zeigt anhand der verstörenden Vorkommnisse in Hannover, wie instabil und zerbrechlich die deutsche Republik zwischen ersten und zweiten Weltkrieg war. Gekonnt werden persönliche Erlebnisse einzelner und politische Ereignisse der Zeit miteinander versponnen und zeichnen beinahe ein psychologisches Profil.

Gleichzeitig verfolgt man aber auch den Täter selbst, ohne dass dadurch Spannung genommen wird. Trotz der abscheulichen Taten von diesem, schafft es der Autor einen Menschen zu beschreiben, dem man einfach nicht als bösartiges Monster sehen kann. Faszinierend schnell liest sich das Buch, das einen in eine dunkle, aber dennoch nicht abstoßende Welt zieht. Auch heute hochaktuelle Themen wie Posttraumatische Belastungsstörung, Vorurteile, Umgang mit Verlust und Liebe, zwischen welchen zwei Menschen auch immer, und gesellschaftliche Normen und Zwänge spielen eine wichtige Rolle. Somit verbindet er den Charme eines historischen Romans mit Aktualität.

Auf jeden Fall empfehlenswert und, erst einmal angefangen, schwer wieder wegzulegen.