Von Filiale: Meidling

Der Ort, den wir unser zu Hause nennen, ist nicht immer der, an dem wir wohnen. Für die junge Frau, die uns diese Geschichte erzählt, ist es ein kleines Dorf in Rumänien. Zahlreiche Sommer hat sie in der Villa ihrer Großtante verbracht, die Vögel im Wald beobachtet, Freunde gefunden, sich verliebt.
Gelebt. Doch als sie wieder nach „B“ zurückkehrt, hat sich nicht nur die Umgebung verändert. Aber was vermisst sie eigentlich? Auf jeden Fall war früher doch alles anders – alles besser. Wann war früher überhaupt? Für die Alten war es die Zeit, bevor der Kommunismus alles zerstört hat… Naja, wobei alles war da auch nicht so schlimm. Oder? Sollte sie sich schuldig fühlen, dass die Zeit, nach der sie sich sehnt, genau in die Periode fällt, unter der ihre geliebte Großtante so gelitten hat? Sie war doch noch ein Kind.
Dana Grigorcea webt philosophische Gedanken wie diese in literarische Erzählungen, bei denen wir beinahe das beschriebene Gras an unseren Beinen spüren können. Dazu verstrickt die Autorin die berühmte Geschichte von Vlad dem Pfähler und die Parallelen überschreiten in dem melancholischen Roman die Schwelle der Zeit. Wer „Monster“ von Kurt Palm genossen hat, sollte sich dieses Werk nicht entgehen lassen.